Anwältin des Kindes

Es gibt das schöne afrikanische Sprichwort: „Es braucht ein ganzes Dorf, um ein Kind zu erziehen oder ein Kind stark zu machen.“ Wir alle haben die Verantwortung dafür zu sorgen, dass unsere Kinder gesund und glücklich aufwachsen und gestärkt in die Welt hinausgehen können.

Da es aber Krisen und Veränderungen im Leben, auch unserer Kinder gibt, die wir ihnen nicht ersparen können und in denen wir als Verantwortungsgemeinschaft gefordert sind, hat der Gesetzgeber Gesetze geschaffen, in denen er unterstützende Regelungen zum Schutz von Kindern und zur Gestaltung von Familie getroffen hat.

Zum 1.9.2009 sind im Familienrecht zahlreiche gesetzliche Regelungen reformiert worden.

So gibt es seither auch die Regelung, dass in familienrechtlichen Verfahren in denen Kinder als Beteiligte betroffen sind, eine fachlich qualifizierte Person vom Gericht bestellt wird, die das Kind durch das Verfahren begleitet, unterstützt und vor Gericht eine Stimme gibt. Diese Person wird auch „Anwalt des Kindes“ genannt, denn sie soll „die Welt mit den Augen des Kindes betrachten“ (Zitat von Anton) und im Verfahren übersetzen. Die Fachperson ist in der Regel professionell für die Aufgabe ausgebildet.

Nicht selten werden Kinder auch nach dem Verfahren von der Fachperson, dann aber mit anderen zusätzlichen Aufgaben, weiter begleitet.

Aufgabengebiete einer „Anwältin des Kindes“ können sein:

  • Verfahrensbeistand
  • Umgangspflegerin
  • Ergänzungspflegerin
  • Gerichtlich bestellter Einzel- oder auch Berufs- Vormund anstelle eines Amtsvormunds

Um es noch etwas ausführlicher zu erklären:

In Familiengerichtsverfahren geraten Kinder/Jugendliche schnell in Loyalitätskonflikte oder werden zum hilflosen „Zankapfel“ der Eltern oder anderer Verfahrensbeteiligter, sodass der Blick auf den jungen Menschen verloren zu gehen droht.

Bild Kind im Netz

Unser neues Familien- und Kindschaftsrecht sieht in Trennungs- und Scheidungsverfahren, Umgangsverfahren und zivilrechtlichen Kindesschutzverfahren die Bestellung eines Verfahrensbeistandes (Anwalt des Kindes) vor. Dieser vertritt als Begleiter im Verfahren die Interessen des Kindes und trägt somit auch zur richterlichen Entscheidung bei. Denn das Gericht kann sich ein umfassenderes Bild des Gesamtgeschehens machen, wenn auch die Perspektive von beteiligten, betroffenen Kindern eingebracht werden kann.

Der Verfahrensbeistand kann auf Anordnung des Gerichts eine aktive Rolle übernehmen und zur Findung einer guten Lösung für das Wohl des Kindes beitragen. Er / Sie spricht dann mit allen am Verfahren Beteiligten, manchmal auch mit Lehrern, Kinderärzten und weiteren Familienangehörigen. Vor allem spricht er / sie mit den Kindern in der Regel alleine, und berichtet darüber dem Gericht. So sollen Kinder und ihre Belange stärker in die Entscheidungen des Gerichts einbezogen werden.

„Jeder hat seine eigene Wahrheit“

Der Verfahrensbeistand ist dem Wohl des Kindes verpflichtet. Er / Sie wägt dabei sorgfältig ab, ob das Kindeswohl immer auch den Kindeswillen gleichzeitig berücksichtigen kann. Manchmal muss das Gericht gegen den Willen eines Kindes entscheiden. Beispielweise dann, wenn Kinder in besonderer Weise geschützt werden müssen, weil sie ansonsten nicht gesund und glücklich aufwachsen können. Oder wenn sie beispielsweise auf eine andere, neue Weise gefördert und geschützt werden müssen.

Manchmal können Eltern ihre Kinder nicht angemessen begleiten, weil die eigenen Probleme zu groß sind. Ist es beispielsweise erforderlich, Eltern Teile des Sorgerechtes oder das gesamte Sorgerecht zu entziehen, werden diese Bereiche auf die weiteren Aufgabenfelder des „Anwaltes des Kindes“ übertragen.

Dann wird eine Umgangspflegschaft, eine Ergänzungspflegschaft oder eine Vormundschaft angeordnet. Umgangspfleger unterstützen die Eltern in ihrer Pflicht darin, den Umgang zu beiden Elternteilen zu ermöglichen. Vormünder und Ergänzungspfleger erhalten vom Familiengericht die Aufgaben, das Sorgerecht oder Teile des Sorgerechtes anstelle der Eltern zum Schutz des Kindes über das Verfahren hinaus auszuführen.

Die besondere Herausforderung in Familienrechtlichen Verfahren ist es, zu berücksichtigen, dass alle Beteiligten eigene Rechte und eigene Sichtweisen haben. Als „Anwältin des Kindes“ ist der objektive und der subjektive Blick auf die Rechte und den Blickwinkel des Kindes zu richten. Damit ist eine gewisse Parteilichkeit für das Kind nicht zu vermeiden und sicher auch gut so.